Während meiner kleinen Auszeit hatte ich ein wenig Zeit zum Lesen. In der Zeitschrift PsychologieHeute bin ich auf einen sehr schönen Artikel gestoßen:
Dort ging es um das Thema Familienritual „Abendbrot“.
Zwei Fakten aus diesem Artikel kann ich aus eigener Erfahrung absolut unterstreichen:
- Wer gemeinsam isst, ernährt sich gesünder.
- Gemeinsame Mahlzeiten stärken die Psyche.
Erfahrungen aus meinem Arbeitsalltag als Therapeutin
Meine Kollegin und ich haben zusammen einen Familienworkshop zum Thema „Familienwappen“ entwickelt. Als Einstieg in dieses Thema nutzen wir sehr oft Fragen wie
- Was ist deine Lieblingsspeise?
- An welche Speisen aus deiner Kindheit erinnerst du dich?
- Gibt es gemeinsame Mahlzeiten in der Familie?
- Wie sieht euer Abendessen aus?
- Werden diese zelebriert?
- Wer bestimmt was auf den Tisch kommt?
Letzte Woche habe ich eine meiner Klientinnen besucht. Ihr Sohn berichtete mir, wie toll er die Erfahrung des gemeinsamen Kochens fand: Eine Familienhelferin hatte mit ihnen indisch gekocht und anschließend auf dem Teppich sitzend gegessen. Er hat ihm sehr gut gefallen, etwas Neues und Besonderes auszuprobieren.
„Diese kleinen alltäglichen Routinen sind es, die die Bindung zwischen den Familienmitgliedern stärkt.“
Wie läuft das bei mir zu Hause ab?
Ich setze mich jede Woche vor dem Großeinkauf mit meiner Familie zusammen und bespreche, was wir in der kommenden Woche essen wollen. Sowohl die Kinder als auch mein Mann werden bei der Zubereitung mit integriert.
Das ist sehr wichtig und sehr lehrreich für alle Beteiligten. Die Kinder lernen den Umgang mit Lebensmitteln und wie diese zubereitet werden. Dadurch steigt auch die Neugierde, wie das Ergebnis schmeckt 😊.
Mittlerweile ist aufgrund unseres Arbeitsalltags die wichtigste Familienmahlzeit das Abendessen geworden.
Damit sind wir anscheinend kein Einzelfall: Aus besagtem Artikel ging hervor, dass sieben von zehn befragten Kindern und Jugendlichen täglich gemeinsam mit der Familie am Ende des Tages essen. 97 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen sitzen wenigstens einmal am Wochenende gemeinsam am Esstisch.
Gibt es „zu viel“ oder „zu wenig“?
Was ich sehr spannend und auch erleichternd fand, ist der Fakt, dass die Uhrzeit irrelevant ist. Man muss auch nicht täglich gemeinsam essen. Denn im vollgepackten Terminkalender mancher Familien mit Hobbies und Schichtarbeit gestaltet sich das eher schwierig. Da kann schnell Druck und Frust entstehen.
„Wichtig ist, dass eine gewisse Regelmäßigkeit vorhanden ist. Denn an Struktur und Routinen können wir uns orientieren.“
Hierzu wurden auch einige Studien angestellt mit folgenden Ergebnissen:
Wenn Kinder und Eltern regelmäßig zusammen essen, ernähren sich alle gesünder. Dieser Effekt hält auch auf Dauer. Junge Erwachsene, die mit diesem Ritual aufgewachsen sind, ernähren sich gesünder als ihre Altersgenossen.
Hier wirkt wieder die Vorbildfunktion der Eltern und die Gewohnheit. Das Risiko an einer Essstörung zu erkranken ist seltener. Auch die Wahrscheinlichkeit, mit dem Alkohol oder Zigarettenkonsum zu beginnen, ist geringer.
Weiterhin ergab eine Studie, dass durch die gemeinsamen Mahlzeiten der gesamte Tag der Familie auf gute Weise besser strukturiert ist.
Ich könnte hier noch mindestens zehn positive Fakten aufzählen, warum der Familientisch sinnvoll ist 😉.
Was lernen Kinder aus den gemeinsamen Mahlzeiten?
Kinder, die regelmäßig mit den Eltern in einer lockeren und entspannten Atmosphäre die Mahlzeiten einnehmen, lernen folgendes:
- Bessere Bewältigungsstrategien für fordernde Situationen.
- Bessere Kommunikation mit den Eltern, wenn sie in die Pubertät kommen. Das ist oftmals ganz großes Thema in meinen Arbeitsalltag.
- Sie werden seltener straffällig und physisch gewalttätig.
Fazit: Was ist wichtig?
ABER: Neben einem ungezwungenen Rahmen ist es mir wichtig zu erwähnen, dass die Eltern-Kind-Bindung stark und wertschätzend sein sollte. Denn ohne ein Gefühl von Gemeinschaft bringt das beste Ritual nichts.
Wenn sich alle für das Gelingen des Rituals verantwortlichen fühlen, dann klappt das!
Guten Hunger!